Mit Ser­i­ous Gam­ing zu ziviler Sich­er­heit

TEAMWORK für den Katastrophenfall: Krisensimulation unterstützt Zusammenarbeit von Einsatzkr?ften und Bev?lkerung

Waldbr?nde und überlaufende Gew?sser: Die Szenarien, die Nutzer von Feuerwehr-Strategiespielen zu sehen bekommen, bilden den Ernstfall einer Katastrophe ab – so realistisch, wie es nur geht. Einfaches Daddeln? Eben nicht. Das Besondere dabei: Das spielerische Lernen in einer simulierten Umgebung schult den Umgang mit Krisenereignissen – Einsatzkr?fte wie zivile Bev?lkerung. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Gruppen zu verbessern und vor allem zu vernetzen ist Ziel des Projektes TEAMWORK, an dem Forscher der Universit?t Paderborn unter der Koordination von Professor Dr.-Ing. Rainer Koch gemeinsam mit der Promotion Software GmbH, der PRO DV AG, dem Kreis Paderborn, der Feuerwehr Dortmund, der Universit?t der Bundeswehr München und fünf assoziierten Partnern arbeiten. Das Projekt wird im Zuge der Bekanntmachung ?Zivile Sicherheit – Erh?hung der Resilienz im Krisen- und Katastrophenfall“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms ?Forschung für die zivile Sicherheit“ der Bundesregierung über einen Zeitraum von drei Jahren mit rund 2,1 Millionen Euro gef?rdert. Gestartet ist TEAMWORK im Februar dieses Jahres.

Serious Gaming und offene Entwicklungsumgebungen

In wissenschaftlichen Communitys kommt das sogenannte Serious Gaming schon l?nger zum Einsatz. Dabei handelt es sich um Spiele, die einen ernsten Hintergrund haben und Wissen vermitteln sollen – also nicht nur als belustigende Freizeitaktivit?t gedacht sind. Bei Emergency 5 k?nnen Gamer virtuell Eins?tze von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst simulieren. Das Spiel ist nicht nur bei Laien beliebt, sondern auch bei Einsatzkr?ften. Hier setzt TEAMWORK an: Auf Basis von Emergency 5 entwickeln die Forscher aktuell ein softwarebasiertes Trainingssystem für den Katastrophenschutz und freiwillige Helfer. Die Idee: Profis und Laien arbeiten bei der Spielentwicklung zusammen. Je nach Interesse finden sich die Nutzer in einer der drei Gruppen – dabei sind die Grenzen flie?end – wieder: als Entwickler von Szenarien, als ?Spieler“, die L?sungen hervorbringen, oder als diejenigen, die die durchspielten Szenarien anschlie?end in einer Community bewerten.

?hnlich wie in Emergency 5 soll bei dem Trainingssystem der Editor, die Entwicklungsumgebung des Spiels, genutzt werden. Auf diese Weise k?nnen unterschiedliche Szenarien kreiert werden. Dabei werden Zusammenh?nge einer Katastrophe abgebildet – beispielsweise gro?e Niederschlagsmengen und daraus entstehendes Hochwasser. Wirkungszusammenh?nge und Mechanismen werden zuvor als Modelle erfasst und festgelegt. Dazu Robin Marterer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am C.I.K. (Computeranwendung und Integration in Konstruktion und Planung) der Universit?t Paderborn und Projektleiter von TEAMWORK: ?Hier geht es nicht nur um Naturkatastrophen, beispielsweise Br?nde oder Hochwasser. Auch die daraus resultierenden Problematiken wie mangelnde Trinkwasserversorgung oder ?hnliche Notlagen sind besonders wichtig.“ Diese Ph?nomene k?nnen getrennt oder kombiniert in die Szenarien einflie?en. Die Simulationssoftware modelliert dabei den Ort der Katastrophe, deren Umgebungsparameter und das Verhalten von Menschen realistisch. Das jeweilige Ereignis, zum Beispiel Hochwasser, wird zwar vorgegeben, der Schadensverlauf vom System aber dynamisch errechnet.

?wisdom of the crowd“

Programmiert wird ein Katastrophenszenario, nicht aber dessen L?sungsweg. Hier sind Kreativleistungen der Gamer gefordert. Dabei stellen die Nutzer ihr Wissen, das sie über eine bestimme Gefahrenlage haben, der gesamten Anwendergruppe zur Verfügung. Nicht nur die Entwicklung der Szenarien, sondern auch die Auswertung der Simulationsdurchl?ufe erfolgt kollaborativ. Das hei?t, die jeweiligen L?sungen werden gesammelt und durch die Community bewertet, Ergebnisse stehen in einem webbasierten Portal zur Diskussion. Das Prinzip nennt sich ?wisdom of the crowd“. Das Wissen, das sich die Beteiligten so aneignen, k?nnen sie sp?ter in m?glichen Krisensituationen anwenden oder anderen zug?nglich machen. Umgekehrt geben Entwickler und Nutzer ihr Wissen an die Community ab, wovon wiederum die Rettungs- und Einsatzkr?fte profitieren.

Für die Praxispartner im Projekt ist es wichtig, entsprechend ihrem Wirkungskreis Eins?tze im Ruhrgebiet und im Kreis Paderborn zu simulieren. 3D-Kartenmaterial für Paderborn und Dortmund gibt es bereits. Die dazu ben?tigten Geodaten kommen von Kataster?mtern. Derzeit wird erarbeitet, wie Kartenmaterial für beliebige Szenario-Gebiete importiert werden kann. Zus?tzlich sollen auch andere Daten (z. B. Wetterdaten) übernommen werden, um die Bedingungen m?glichst realit?tsnah abzubilden.

Erh?hung der Resilienz

Bei TEAMWORK sollen letztendlich auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse Handlungsempfehlungen für Einsatzkr?fte formuliert werden. Marterer: ?Wie setze ich Einsatzkr?fte m?glichst effektiv ein, um Sch?den zu minimieren? Wie verhalte ich mich in bestimmten Gefahrenlagen? Welche Ereignisse haben welche Folgen? Durch das Entwickeln und Simulieren der Szenarien in TEAMWORK k?nnen wichtige Inhalte an die Nutzer transportiert werden.“ Neben konkreten Handlungsempfehlungen geht es auch um Logistik und Kosten. Der Hintergrund: Katastropheneins?tze und -übungen sind in der Realit?t h?chst kosten- und ressourcenintensiv. TEAMWORK bietet den Vorteil, ?bungseins?tze ohne viel Aufwand virtuell zu simulieren. Darüber hinaus tragen die aus der Simulation gewonnenen Erkenntnisse dazu bei, die genannten Faktoren zu verbessern und effizienter zu gestalten. Zus?tzlich soll das Projekt die zivile Bev?lkerung dazu bef?higen, Not- und Katastrophenlagen künftig besser zu bew?ltigen. ?Das Projekt soll die Resilienz der Bürger – also die Widerstandsf?higkeit gegenüber Krisenereignissen – st?rken“, erkl?rt Marterer.

Aktuell befindet sich das Trainingssystem in der ersten Erprobungsphase und die Community bel?uft sich auf die Kooperationspartner. In einem n?chsten Schritt soll die Gruppe um sogenannte ?Digital Volunteers“, das sind freiwillige Helfer, die über das Internet an TEAMWORK teilnehmen, erweitert werden. Bis 2019 soll das Trainingssystem für die allgemeine ?ffentlichkeit zug?nglich sein und in der Ausbildung von Einsatzleitern und Rettungskr?ften erprobt werden.
 

Text: Nina Reckendorf und Vanessa Dreibrodt

Abbildung (Promotion Software GmbH): Szene aus dem Spiel Emergency 5: Gamer k?nnen hier virtuell Eins?tze von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst simulieren. Auf dieser Basis entwickeln die Forscher aktuell ein Trainingssystem für den Katastrophensch
Abbildung (Promotion Software GmbH): Szene aus dem Spiel Emergency 5: Gamer k?nnen hier virtuell Eins?tze von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst simulieren. Auf dieser Basis entwickeln die Forscher aktuell ein Trainingssystem für den Katastrophenschutz und für freiwillige Helfer.
Abbildung (Promotion Software GmbH): Im Editor des Spiels erstellen die Nutzer unterschiedliche Szenarien selbst.
Abbildung (Promotion Software GmbH): Im Editor des Spiels erstellen die Nutzer unterschiedliche Szenarien selbst.